Prof. Dr. Manfred Gerspach

„Inklusives Martinsviertel“ - Kooperation von Hochschule Darmstadt, Wissenschaftsstadt Darmstadt, Paritätischem Wohlfahrtsverband und Software AG-Stiftung

Laufzeit: Januar 2012 bis 15.05.2014

Am 03.05.2008 trat das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BRK) in Kraft. Deutschland hat als einer der ersten Staaten das Übereinkommen am 30.03.2007 unterzeichnet.
Diesem Übereinkommen liegt die Sicht zugrunde, dass Menschen mit Behinderungen durch für sie ungeeignete bauliche Gegebenheiten in ihrer Umwelt benachteiligt sind und in ihrer Eigenständigkeit und Mobilität behindert werden. Die BRK trifft daher Regelungen, die eine gleichberechtigte Teilhabe beispielsweise in den Bereichen Arbeit, Bildung und Wohnen vorsehen.
Auch benennt sie das Recht auf Selbstbestimmung, Partizipation und einen umfassenden Diskriminierungsschutz.

Vor dem Hintergrund einer Magistratsvorlage vom 24.09.2009 „Zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung in allen Bereichen der Wissenschaftsstadt Darmstadt“ soll nun versucht werden, geeignete Maßnahmen zu entwickeln, die in einem ersten exemplarischen Schritt das Martinsviertel zu einem inklusiven Stadtteil werden lassen.
Das Projekt wird zunächst für die Dauer von vier Monaten von der Aktion Mensch finanziert. Ziel ist die Erstellung eines „lokalen Aktionsplanes zur Umsetzung inklusiver Standards im Martinsviertel“.
In enger Kooperation der Projektbeteiligten- Paritätischer Wohlfahrtsverband, Regionalgeschäftsstelle Darmstadt (Frau Balß), der Hochschule Darmstadt (Herr Prof. Dr. Gerspach) und der Wissenschaftsstadt Darmstadt (Frau Stadträtin Akdeniz) erfolgte die Gründung einer Steuerungsgruppe, der noch weitere Kooperationspartner angehören werden (u.a. BeWo Darmstadt e.V., Zwischenräume, Kurt-Jahn-Anlage und das Demenzforum Darmstadt).
 
Ziel ist die Gründung eines Vernetzungsgremiums, das alle interessierten Bürgerinnen und Bürger Beteiligungsmöglichkeiten bietet. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Beteiligung von Menschen mit Behinderungen. Ebenso zur Mitwirkung angesprochen sind beispielsweise die im Martinsviertel  ansässigen Gewerbebetriebe, Kirchengemeinden, Kindertagesstätten, Schulen, Frühförderstellen, Kulturvereine, Gastronomie, Selbsthilfegruppen, Diakonie, Caritas sowie im Stadtteil ansässige Ämter und Behörden usw.
In einem offenen Diskurs werden die Probleme, die die Teilhabe im Stadtteil erschweren oder verhindern, benannt und wird über niedrigschwellige Maßnahmen zu ihrer Beseitigung nachgedacht. Dabei ist es wichtig, derzeit bestehende Barrieren hinsichtlich ihrer baulichen, gesellschaftlichen und psychosozialen Bedingungen in den Blick zu nehmen und mit der Bearbeitung der Widerstände auf den unterschiedlichen Ebenen in Angriff zu beginnen.
Neben einer Bestandsaufnahme, die u.a. im Rahmen qualitativer Interviews erhoben wird, gilt es ein Konzept zu entwickeln, das die Entwicklung des Martinsviertels zu einem inklusiven Stadtteil vorantreibt.

Projektleitung: Prof. Dr. Manfred Gerspach

Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Ulrike Schaab

Kooperationen: Wissenschaftsstadt Darmstadt, Paritätischer Wohlfahrtsverband und Software AG-Stiftung

Finanzierung: Aktion Mensch (01-04.2012); Software-AG Stiftung, Darmstadt (ab 05.2012)

Publikationen: Eine Pressestimme zum Projekt finden Sie im Zeitungsartikel "Martinsviertel, all inclusive" des Darmstädter Echo vom 26.01.2012.

Kontakt: Ulrike Schaab, 06151/16-8720; Ulrike.Schaab@h-da.de

"Wissenschaftliche Begleitung des Pilotmodells 'Schulsozialarbeit an der Schule am Sommerhoffpark – Schule für Hörgeschädigte'“

Laufzeit: September 2004 bis August 2006

Oberstes Ziel der wissenschaftlichen Begleitung war die Qualitätssicherung der Schulsozialarbeit an der Schule im Sommerhoffpark. Hierzu gehörte in erster Linie die flankierende Unterstützung des Schulsozialarbeiterprojektes. Hinzu trat die fachliche und emotionale Unterstützung der PädagogInnen vor Ort, bezogen auf ihren jeweiligen Einsatz im Unterricht bzw. im unterrichtsergänzenden Bereich, einschließlich der Aufgabe, die Ängste vor der wissenschaftlichen Begleitung oder auch dem Projekt der Schulsozialarbeit selbst abzubauen.

Die Einrichtung einer Stelle für Schulsozialarbeit an einer Sonderschule für Hörbehinderte stellt etwas Neues dar. Der FB Sozialpädagogik der Fachhochschule Darmstadt wurde beauftragt, dieses Forschungsvorhaben wissenschaftlich zu begleiten.

Methode
Es erfolgte eine Befragung aller 10 an der Schule wirkenden verschiedenen Berufsgruppen. Die Einbeziehung des „subjektiven Faktors“ wurde dem Projekt vorangestellt um der Komplexität des Forschungsgegenstandes annähernd gerecht zu werden. Im Sinne der qualitativen Sozialforschung erfolgte die Schwerpunktlegung auf die jeweils subjektiven Prozesse, das dialogische und Gruppengeschehen. Wir wollten verstehen, was die Menschen im einzelnen denken, was sie bewegt. Empfindungen, Haltungen, ethnische Werte, schließlich die ganz subjektive Konstruktion und Verarbeitung von Welt lassen sich wohl anders nicht begeifen als sich der methode des Verstehens, Nacherlebens sowie der Deutung von Sinnganzheiten der Lebenswirklichkeit zu bedienen.

Wir operierten mit einem Verfahren, das eine qualitative Analyse des Befragungsgegenstandes zum Ziel hat, und wandten uns einer hermeneutisch orientierten Textinterpretation zu. Der Grundgedanke hierbei besagt, dass das gewonnene Material nicht voll verständlich ist, solange man an der Oberfläche bleibt. (vgl. Mayring 2002, 127).

In regelmäßigen Abständen wurden Gespräche mit den verschiedenen MitarbeiterInnen(-gruppen) der Schule über die einzelnen Themenbereiche der schulsozialarbeiterischen Angebotspalette geführt, die im Sinne eines gemeinsamen Dialoges zu einer systematischen Überprüfung der gewonnenen Daten und daraus sich ergebenden Lösungsansätzen führen sollten. Die einzelnen Texte werden von der ForscherInnengruppe durchgegangen. Eine Interpretation wird versucht.

In der Gruppendiskussion finden alle Elemente Berücksichtigung. Das was von einzelnen vorgebracht wird, wird von der Gruppe aufgenommen, kommentierend verarbeitet und in den Sinnzusammenhang eingeordnet.

In weiten Strecken orientierten wir uns in Anlehnung an Lorenzer am Prinzip des szenischen Verstehens (vgl. Lorenzer 1977; Gärtner 2001).

Im September 2004 erfolgte eine einwöchige Hospitationsphase eines Forschungsteammitglieds in folgenden Bereichen: Vorklasse, Grundstufe, Mittelstufe, Kooperationsunterricht, gebärden- und lautsprachlich orientierter Unterricht, Mittagsbetreuung, Hort.

Die während der offenen Beobachtung erlangten Ergebnisse wurden reflektiert. Es entwickelte sich tieferes Verständnis.

Die Gruppendiskussion lieferte Erkenntnisse über die Fachkompetenzen, Erfahrungen und Sinndeutungen der PraktikerInnen vor Ort.

In einem Zwischenbericht wurden vorläufige Ergebnisse und Prozesse beschrieben. Im Rahmen einer anschließenden Fachtagung wurden Auszüge an der Schule am Sommerhoffpark präsentiert. In Kleingruppen sollte über die ersten Zwischenergebnisse in einen interdisziplinären Dialog gegangen werden. Jede/r TeilnehmerIn wurde aufgefordert, sich mit einer weiterführenden Aussage oder relevanten Frage in das Abschlussplenum aktiv einzubringen. Eine Schwerpunktfragestellung kristallisierte sich heraus: Was kann Aufgabe von Sozialarbeit an der Schule (SAS) sein?

Im Rahmen eines Projektstudiums nahm eine Gruppe von neun StudentInnen der Fachhochschule Darmstadt an der Fachtagung hospitierend teil.

Im weiteren Verlauf der wissenschaftlichen Begleitung wurde im Sommersemester 2005 sowie im Wintersemester 2005/2006 eine Gruppe von neun Studierenden im Rahmen des Projektes „Schulsozialarbeit an einer Schule für Hörgeschädigte“ eingebunden. Sie absolvierte ein einjähriges Begleitpraktikum an der Schule.

Im Rahmen des Sportunterrichts wurde in zwei parallel stattfindenden Gruppen psychomotorisch gearbeitet. Insgesamt wurden vier Psychomotorikgruppen angeboten.

Im Hort sollte die Gruppe zuerst einige Wochen hospitieren um dann Hausaufgabenhilfe sowie verschiedene sozialpädagogische Projekte anzubieten.

Ein weiteres angedachtes Ziel der wissenschaftlichen Begleitung sollte sein, mit den Kindern ins Gespräch zu kommen. Um in Erfahrung zu bringen, wie die Kinder über Schule und Hort denken. Welche Angebote sie gut finden, was sie an der Schule vermissen, was ihre Themenschwerpunkte sind, welche Ideen und Anregungen sie haben, wie sie ihre Wünsche und ihre Bedürfnisse äußern.

Projektleiter: Prof. Dr. Manfred Gerspach
Kooperation: Landeswohlgahrtverband
Finanzierung: Landeswohlfahrtsverband (LWV)

Ergebnisse:
Eines wurde deutlich: Sozialarbeit an der Schule (SAS) und die Schule haben einen durchaus unterschiedlichen Blick auf die Dinge. Unterstrichen werden muss der präventive Charakter des SAS. Durch gelingende Maßnahmen werden Folgekosten gespart, ohne dass dies immer auf den ersten Blick ersichtlich würde. Die Hörbehinderung der SchülerInnen, in Verbindung mit weiteren Belastungs- und Risikofaktoren verlangt, dass man die Kinder auf ihr weiteres Leben gut vorbereitet.

Für die SAS ergeben sich folgende Aufgaben:

  • Schulinterne Beratung, Vernetzung im Hinblick auf Lehrer, Erzieherinnen und Eltern, Begleitung bei Elterngesprächen und Elternberatung.
  • Schulextern: Aufklärung über Hörschädigung und deren Folgen, Beratung für Ämter (Schule und Kommunalverwaltung); Schaffung von Problembewusstsein bei Trägern und Institutionen; Vermittlung von Mutter-Kind-Kuren oder die Intervention beim Sozialamt zur Finanzioerung eines Dolmetschers; kurzzeitige Einzelfallhilfe.

Es wurde empfohlen, Sozialarbeit an der Schule für die Schule am Sommerhoffpark mit ihrer spezifischen Problemlage als Regelangebot einzurichten.

Kontakt: Prof. Dr. Manfred Gerspach, 06151/16-8511, Manfred.Gerspach@h-da.de